Grüne Liga zählt weiter Wildapfelbäume
im Müglitztal
Anke Proft (l.) und Simone Heinz von der Grünen Liga Osterzgebirge kartieren derzeit mit moderner Technik wie GPS und Mini-PC die Wildapfelbäume Malus Silvestris. Gleichzeitig erhalten die Stämme mit wetterfester Farbe eine Markierung. Foto: Peter Kuner
Anke Proft zieht nach einem Jahr eine Zwischenbilanz zum Projekt Wildapfel.
Frau Proft, im vergangenen Jahr startete die Grüne Liga Osterzgebirge das Wildapfelprojekt. Wie weit sind Sie gekommen?
Bis jetzt haben wir ca. 540 Bäume im Projektgebiet entdeckt, kartiert und deren Daten aufgenommen. Wir dokumentieren Baum-, Trieb- und Blattmerkmale sowie Blüten und Früchte. Manche dieser Eigenschaften lassen sich natürlich nur zu bestimmten Jahreszeiten aufnehmen, deshalb besuchen wir nun einige Bäume zum wiederholten Mal.
Wie viele sind das?
Etwa 280. Ein paar dieser Bäume müssen wir noch fotografieren.
In der vergangenen Woche haben Sie mit dem Datensammeln angefangen. Wie ist die Arbeit angelaufen?
Eigentlich ganz gut. Leider mussten wir in diesem Frühjahr feststellen, dass einige Bäume zwischen Bärenstein und Lauenstein regelrecht verschandelt wurden. Dort haben Landwirte mit ihren Schnittmaschinen nicht nur sämtliche Hecken und den Steinrückenbewuchs senkrecht abrasiert, sondern auch Wildapfelbäume. Von vielen Pflanzen und Bäumen blieb nicht mehr viel übrig, denn Äste und Zweige wurden regelrecht abgefetzt. Wir hatten deswegen schon Anrufe von entsetzten und erbosten Bürgern.
Warum machen die Landwirte so etwas?
Das ist ein Förderproblem. Die Landwirte bekommen für ihre Flächen Fördergelder. Deren Höhe errechnet sich nach Art der Bewirtschaftung und der Flächengröße, die wiederum per Luftbild und GPS ermittelt wird. Deshalb sind die Landwirte bestrebt, die Flächengrößen zu erhalten, deshalb greifen sie zu diesen Maßnahmen.
Können Sie das verstehen?
Das Ziel der Landwirte kann ich verstehen, gerade auch, weil die Grüne Liga selbst Flächenbewirtschafter ist und deshalb auch mit diesen Fördermodalitäten zu tun hat. Das Ergebnis dieser „Begradigungsmaßnahmen“ ist aber in keinster Weise akzeptabel. Hier müsste eine politische Lösung gefunden werden, mit der die Bewirtschafter und auch wir als Naturschützer leben können.
Haben Sie die betreffenden Landwirte darauf angesprochen?
Ja. Und sie zeigten Verständnis für unser Anliegen. Leider konnte aber bisher keine Lösung gefunden werden, wie solche rabiaten Begradigungen künftig vermindert werden können. Zukünftig markieren wir alle Wildapfelbäume mit einer zwei- oder dreistelligen Zahl, die wir mit deutlich sichtbarer weißer Farbe aufbringen. Dabei verwenden wir unschädliche Frostschutzfarbe. Außerdem nehmen wir die Bäume in unsere Datenbank auf. Wir stellen den Landwirten diese Daten zur Verfügung. Dank des GPS-Systems können die Landwirte jeden Baum leicht und unkompliziert verorten. Außerdem versuchen wir, die Bürger für unser Anliegen zu gewinnen. So haben wir es beispielsweise einem SZ-Interview zu verdanken, dass ein Bauleiter einen Wildapfelbaum gerettet hat. Er wusste, welche Ziele wir verfolgen und verhinderte in letzter Minute das Fällen eines sehr schönen Wildapfelbaumes. Er sollte Straßenbaumaßnahmen in Dittersdorf sinnlos zum Opfer fallen.
Was passiert mit den Daten?
Wir veröffentlichen fast alle Daten im Internet. Dazu hat uns Andreas Warschau, vielen als Sprecher der Initiative Lebenswertes Erzgebirge bekannt – eine ganz tolle Homepage gestaltet. Auf dieser Seite gibt es jede Menge Informationen rund um den berühmten Holzapfel. Noch wichtiger ist die Gewinnung der Daten für das eigentliche Ziel unseres Projektes: der Erhaltung des Wildapfels.
Wie geht es hier weiter?
Es werden in diesem und im nächsten Jahr je 150 Bäume ausgewählt und im Pillnitzer Julius-Kühn-Institut genetisch untersucht. Kriterien für diese Auswahl sind die Fruchtgröße und die Behaarung an Blüte und Blättern. Einige ausgewählte Muttergehölze wurden im letzten und in diesem Frühjahr in Pillnitz bestäubt. Die so gewonnenen jungen Wildapfelbäume werden auf Flächen bei Hirschsprung und bei Klingenberg in Erhaltungs-Samenplantagen gepflanzt.
Das Gespräch führte Maik Brückner (Sächsische Zeitung 05. 05. 2008)